Das sagt die Presse

Die Spannung steigt: In einer Polonaise gehen die Teilnehmer in einen komplett verdunkelten Speisesaal, um dort einen kulinarischen Abend zu verbringen.
Marcus Gebhard aus Planegg hat „Essen im Dunkeln“ – Dinner in the Dark erfunden.

Wenn Gourmets im Dunkeln tappen

Bekannt in ganz Deutschland, beliebt und oft kopiert: Seit zehn Jahren gibt’s es „Essen im Dunkeln“. Erfunden hat es ein Planegger.
Planegg - Den Geschmack einer Kartoffel erkennt man blind. Sicher? Sicher nicht. „Absolute Dunkelheit ist heftig“, sagt Marcus Gebhard. Er hatte die Idee zu „Essen im Dunkeln“ – Dinner in the Dark. Zehn Jahre ist das her. Damals gab es ein abgedunkeltes Restaurant in einer Schweiz und eines in Berlin. Der Unterschied zu Gebhards Konzept ist deutlich: In ein Restaurant geht man mit jemandem, den man kennt. Zu den Leuten am Nachbartisch sagt man vielleicht höflich „Grüß Gott“.
Gebhard ist seit 20 Jahren spezialisiert auf Events. Sein „Essen im Dunkeln“- Dinner in the Dark ist ein Spektakel, wie er sagt. Es findet an unterschiedlichen Orten zwischen Meran und Hannover statt. Auch in Irland war er schon. Bis zu 100 Gäste kann er inzwischen pro Veranstaltung verköstigen. In Planegg wird das ganze gesteuert. Gebhards Gäste sitzen am langen Tafeln und kommen so zwangsläufig mit ihrem fremden Nachbarn ins Gespräch – auch wenn sie diese nicht sehen können.
Äußerlichkeiten und Hemmschwellen gingen verloren. Die Leute erzählten Dinge, die sie sonst so schnell nicht ausgeplaudert hätten. „Man lernt dabei etwas über seine eigene Oberflächlichkeit“, sagt Gebhard. „Das ist genau das, was wir wollen.“ Die Menschen reden mit Leuten, die sie im Hellen nie ansprechen würden. Bei „Essen im Dunkeln“ – Dinner in the Dark kann man erleben, wie dunkel die Dunkelheit ist. Ein Keller ist nie ganz dunkel, die Nacht ist nie richtig finster. Bei den Veranstaltungen des Planeggers ist es richtig dunkel. Da kennen sich nur noch Blinde aus. Und da passieren dann auch komische Sachen mit den Sehenden.
„20 bis 30 Prozent der Nahrungsmittel erkennen die Gäste nicht“, sagt Gebhard. Das liegt nicht daran, dass die blinden Kellner ihnen plötzlich Dinge auftischen, die sie vorher noch nie gegessen haben. „ Die Gäste denken auch, die Portionen sind riesig.“ Stimmt nicht, sie sind weder besonders groß, noch besonders klein, aber das werden die Gäste erst hinterher sehen. Im Dunkeln sei die Mengenerfahrung einfach anders, sagt Gebhard. Verkehrte Welt. Die 35 blinden Kellner, mit denen Gebhard zusammenarbeitet, sind im Dunkeln nicht mehr behindert. Es sind die Gäste, die dort lieber nicht alleine aufstehen sollten und eine Begleitung benötigen. Damit die Gäste wissen, auf was sie sich bei „Essen im Dunkeln“ – Dinner in the Dark einlassen, werden sie vor jeder Veranstaltung im Hellen begrüßt und bei einem Aperitif auf das Bevorstehende vorbereitet. „Man muss ihnen die Ängste nehmen“, weiß der Planegger aus Erfahrung. Vor zehn Jahren verließen pro Abend ein bis zwei Gästen seine Veranstaltung, weil sie die Dunkelheit nicht ertrugen. „Heute geht fast keiner mehr“, sagt Gebhard.
Seine Veranstaltungen finden in Vier- bis Fünf- Sterne-Hotels statt. Da wissen die Menschen, dass das Essen Qualität hat. Für 65 bis 80 Euro bekommen die Gäste ein Vier-Gänge-Menü, zubereitet vom Hotelkoch, und Getränke. Doch weil es im Würmtal kein derartiges Hotel gibt, konnte hier noch nie im Dunkeln gespeist werden. Zum Zehnjährigen will Gebhard jetzt einen Raum in Planegg verdunkeln. Er hat auch schon einen Veranstaltungsort im Blick. Doch spruchreif sei noch nichts. Zu einem speziellen Preis will er sein Spektakel auf jeden Fall einige Tage lang anbieten. Zehn Jahre fern der Heimat müssten aufgeholt werden.
mm